Identitätsfindung Erwachsene

Als Jugendliche haben wir das Ziel, unser Selbstbewusstsein, unsere Identität zu finden. Als Erwachsene sind wir nun herausgefordert mit unserer Identität etwas anzufangen und sie einzusetzen. Unser Selbstbewusstsein hilft uns dabei.

Was aber, wenn unser Selbstbewusstsein auf wackeligen Beinen steht? Welchen Herausforderungen, Bedrohungen und Ängsten müssen wir uns stellen, wenn unser Selbstwert klein ist? Die fehlende Unterstützung in den ersten Lebensjahren lässt mich im Erwachsenenalter unsicher, orientierungslos und unstabil fühlen. Das Defizit im Grundbedürfnis Platz lässt mich unerwünscht und ungeliebt fühlen, so dass ich das Gefühl habe nicht zu genügen, meinen Platz in der Gesellschaft nicht finde und nicht wage ihn einzunehmen. Die ungenügend gestillten Grundbedürfnisse aus unseren ersten Lebensjahren machen sich im Erwachsenenleben bemerkbar. Das muss aber nicht so bleiben. Es gibt Methoden und Therapieformen, die helfen das ungestillte Grundbedürfnis nachzunähren, so dass es zur Ruhe kommen kann.

 

Der Jugendliche will wissen, wer er ist und handelt teilweise unreflektiert, um es herauszufinden. Indem ich als Erwachsener Entscheidungen im Bereich Beruf, Familiensituation und Weltanschauung treffe, wird die Frage nach dem «Wer bin ich?» beantwortet. Durch diese gefällten Entscheidungen definieren wir uns. Wir geben dadurch ein Statement ab und unsere Mitmenschen machen sich ein Bild von uns. Und genau dieses Bild ist das, was uns als Erwachsene sehr oft herausfordert und verunsichert. «Was denken die Mitmenschen von mir?», «Kann ich mich dem anderen zumuten?». Unsere gewählte Identität wird nun also auf die Probe gestellt und getestet.

In uns haben wir die Sehnsucht, gesehen und angenommen zu werden. Wir wollen gut bei unseren Mitmenschen ankommen. Wie passend ist doch da das Zitat von Karl Lagerfeld: «Persönlichkeit fängt da an, wo ich aufhöre zu vergleichen!»

Ich vergleiche das Gegenüber mit mir und dabei hinterfrage ich mich. Beim Gegenüber schaue ich, was es schlechter kann als ich, damit ich besser dastehe. Wie wäre es aber, wenn ich auf die positiven, guten, attraktiven Seiten meines Gegenübers achte und meine Eifersucht wegstecke?
Wie wäre es, wenn ich dem Gegenüber sage, was ich toll an ihm finde? Wenn wir als Gesellschaft, dies zum Alltag machen würden, dann bekämen wir alle die Aufmerksamkeit, nach der wir haschen und kämen innerlich zur Ruhe. Wir wären mit unserer Identität zufrieden und könnten sagen: «Ich bin ich und nicht, was andere von mir erwarten.»

Sich selber sein und zu seiner Identität stehen, ist nicht immer leicht. Vor allem, wenn wir in eine Situation kommen, die nicht unserem Lebensskript entspricht. Zum Beispiel, wenn wir nicht diese Arbeitsstelle finden, die wir uns vorstellen. Oder wenn wir sogar arbeitslos werden. Wenn es mit der Familienplanung nicht klappt. Die gewünschten Kinder bleiben aus.

Die Suche nach Anerkennung ist ein Punkt, weshalb wir uns immer wieder mit unserer Identität auseinandersetzen. Diese Suche nach Anerkennung erschwert es uns, uns anzunehmen, wie wir sind, da wir das Gefühl haben mit unserem «so wie ich bin» in der Gesellschaft nicht zu genügen. Das hat zur Folge, dass wir uns am Aussen orientieren und den Blick auf das Innere, das Uns, verlieren. Wenn wir uns am Aussen orientieren, brauchen wir Energie, denn die Gesellschaft und das Aussen bringt dauernd Neues auf den Markt. Wir fühlen uns gestresst und überfordert, um bei den Trends mithalten zu können. Wir wollen im Trend sein, anderseits sind wir gefordert unsere Identität zu bewahren. Unser Alltag ist geprägt von Hetze, Zeitdruck, Kurzlebigkeit und Beschleunigung. Und in dieser Situation versuchen wir, uns mit unseren Werten und unserem Selbstbild auseinanderzusetzen, damit wir unsere Identität bewahren können. «Wer bin ich eigentlich?», »Was brauche ich?», «Was sind meine Bedürfnisse?».

Es ist wichtig, dass wir ab und zu kurz innehalten und uns Zeit für uns nehmen. Die Meditation oder die Zeit der Stille bietet uns die Möglichkeit, dieser Hetze zu entfliehen und uns wieder auf uns selber zu fokussieren.

Ich selber erlebe, wie mir dieses Innehalten gut tut. Meinen aufgewühlten Gedanken und Gefühle gebe ich einen Raum. Ich setze mich mit einer Tasse Kaffee an einen gemütlichen Ort und beginne einen inneren Dialog mit Gott, meinem Schöpfer. Und ich spüre, wie ich zur Ruhe komme. Wie anders doch immer wieder meine Lebenssituation aussieht, wenn ich sie im Scheinwerferlicht Gottes sehe und ich mir neu bewusst werde, wie er mich liebt und wie er mich annimmt, wie ich bin. Seine Liebe muss ich mir nicht verdienen durch gute Leistungen oder gute Werke. Und langsam fällt der Druck von meinen Schultern. Der Druck von der perfekten Eva, die nur dann geliebt wird, wenn sie ihre Leistung erbringt.

Eva Gruber